Sonntag, 29. Mai 2011

Die Zeit der grünen Mandeln von Angelica Ammar

Ein tunesischer Familienvater, der emanzipierter ist als seine Tochter. Eine Tochter, die den Erwartungen des Vaters nicht gewachsen ist und sich, statt sich zu einer aufgeklärten und offenen Erwachsenen zu entwickeln, in einer Welt des Aberglaubens und des Nippes verirrt. Eine Familie, die aus zahlreichen Geschwistern, Tanten, Cousins und Cousinen besteht. Eine Jugend, die der Moderne entgegenblickt, aber doch noch zu stark den Traditionen verhaftet ist. Ein kleines Buch, das sich zu lesen lohnt.

Freitag, 27. Mai 2011

Die hellen Tage von Zsuzsa Bánk

In diesem Buch wird die Kindheitserinnerung zelebriert, die Leichtigkeit der hellen Tage und die grosse Freundschaft zwischen Aja, Therese und Karl, die -gerade so an der Grenze zum Kitsch- ins Erwachsenenleben gerettet wird. Zsuzsa Bánk hat einen sehr ausschmückenden Stil mit langen Sätzen und vielen Wiederholungen, was zum einen diese besondere Stimmung des Buches erzeugt, aber teilweise auch etwas langatmig ist. Es ist ein Buch der starken Mütter, welche trotz widriger Umstände durch Lügen und nicht-wissen-wollen die heile Welt ihrer Kinder schützen. Diese zweite Wahrheit, die die Protagonisten erst als Erwachsene und die Leser erst am Ende des Buches erfahren,  zeigt die grossen Risse der verklärten Zirkusromantik, und trotzdem -oder gerade deshalb- bleibt das schöne Gefühl von Heimat und Zusammenhalt - bei den Romanfiguren und beim Leser.
Wer sich an dem Vornamen Zigi nicht stört, kann dieses Buch lesen.

Donnerstag, 19. Mai 2011

The House of the Mosque von Kader Abdolah

Man muss sich einlassen, auf diese fremde Welt. Auf die Schahs und die Ajatollahs, auf die so ganz andere Einstellung dieser iranischen Familie, auf das langsame Hinplätschern der Geschichte am Anfang mit nur versteckten Andeutungen auf das sich zusammenbrauende Unheil der iranischen Revolution, das sich gegen Ende der Geschichte über die Familie legt. Jeder Charakter hat seinen unverrückbaren Platz in dieser Geschichte, welche, wie auf dem Klappentext zu lesen ist "informs, thrills and moves in equal measure".

Montag, 16. Mai 2011

Stadt der Diebe von David Benioff

Das Buch lebt vom Anders-Sein der Hauptcharaktere: Dem introvertierten, schüchternen Lew und dem fast aberwitzig lebenstüchtigen Kolja. Und obwohl es nicht das Thema ist (das Besorgen von Eiern in Zeiten des Krieges) und sicher nicht die erschreckende Brutalität, welche offensichtlich zum Krieg gehört und immer wieder in die Geschichte der beiden einbricht, zieht einen das Buch sofort in seinen Bann durch die Dreistigkeit und den Humor von Kolja und der verwundert-nachdenklichen Erzählweise Lews.
Bis zum Schluss eines der spannendsten Bücher der letzten Zeit.

Freitag, 13. Mai 2011

Herzzeit. Briefwechsel. Ingeborg Bachmann und Paul Celan


Obwohl das Buch unter "Sachbuch" einzuordnen ist, gibt es kaum ein Buch, in welchem Worte schöner um eine heimliche Liebe gewunden werden, die Dramatik eines Lebens erschütternder beschrieben ist. Im Briefwechsel von Paul Celan und Ingeborg Bachmann, den beiden bedeutendsten Dichter nach 1945, spiegelt sich das Künstlerleben in der Nachkriegszeit, überschattet von Deportation und Tod der Eltern Celans während des 2. Weltkrieges. Man hört die Stimme Ingeborg Bachmanns, die an Paul Celan glaubt und ihn bedingungslos unterstützt, und Paul Celan, der an sich verzweifelt und am Schluss den Freitod wählt.
Textauszug "Und, Ingeborg, das bisschen Dortgewesensein... Aber (auch hier): in dieser unserer Zeit wird geflogen - warum sollst nicht auch du fliegen, vielleicht erfliegst Du Dir dabei etwas, das ich, der ich nur ein paar gezählte Male hab einen Drachen steigen lassen, gar nicht sehen kann und es erst sehen werde, wenn Du's sichtbar gemacht hast?" ... "Lieber Paul, ich habe den Flug abgesagt.".

Mittwoch, 4. Mai 2011

Das Schönste, was ich sah von Asta Scheib

Meine längere Blogpause hing zusammen mit den Büchern, die ich gelesen habe, aber nicht wirklich erwähnenswert fand. Und ich bin mal wieder an Paul Auster gescheitert, dieses Mal schon auf Seite 10.
Die Biografie von Asta Scheib über Giovanni Segantini und seine Frau Luigia Bugatti ist jedoch lesenswert, allein schon wegen des Klappentexts: "Er malte sie, als sie fast noch ein Kind war. Er liebte sie, solange er lebte." Auch wenn man den Maler bisher nicht kannte (obwohl man ihn kennen sollte, zumindest hier in der Schweiz...) wird man durch das Buch neugierig auf sein Werk. Ein sehr interessantes Buch, allerdings erreicht es nicht das Niveau von Irving Stone: "Michelangelo", eine der besten und fesselndsten Künstlerbiografien, die je geschrieben wurden.