Samstag, 29. Januar 2011

Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche von Alina Bronsky

Das Buch ist eine Herausforderung. Es ist geschrieben aus der Erzählperspektive einer sehr resoluten, energiegeladen, hoffnungslos inkorrekten und masslos egozentrischen Grossmutter, welche die Fäden des Familiengeschicks in der Hand hält und durch ihr zweifelhaftes Engagement ihre Familie immer weiter ins Elend treibt. Man kann sich in keinem Moment mit ihr identifizieren, und man möchte das Buch eigentlich weglegen - und doch zieht es einen in seinen Bann durch den rasanten Erzählstil und den abgründig schwarzen Humor.
Der Humor ist in der Art: "Es soll Frauen geben, die bei einer solchen Nachricht in Tränen ausbrechen. Ihnen knicken die Beine ein, und dann lassen sie sich auf die Küchenfliesen mit Schachbrettmuster sinken, und andere Angehörige müssen grosse Schritte über sie machen, wenn sie zum Kühlschrank wollen. So eine war ich nicht."
Wer scharfe Gerichte essen mag, sollte das Buch lesen!

Sonntag, 23. Januar 2011

Überflieger von Malcolm Gladwell (Sachbuch)

Sachbücher sind eigentlich nicht so mein Ding, aber dieses Buch liest sich leicht und bietet interessante Denkanstösse: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Profiauswahl im Eishockey und dem Geburtsdatum der Spieler? Was hat die Bestellung der Reisfelder mit den Mathematik-Kenntnissen chinesischer Schüler zu tun? Und gibt es einen Zusammenhang zwischen dem kulturellen Hintergrund einer Flugzeugbesatzung und Flugzeugabstürzen?
Die Thesen, welche Malcolm Gladwell aufstellt, sind nachdenkenswert. Einziger Kritikpunkt ist, dass er sehr ausschweifend schreibt und sehr viele Beispiele für die gleiche These aufführt. Im Prinzip würde jedesmal ein Beispiel reichen und man hätte verstanden, was er sagen will. Oder das nur als Überflieger???

Freitag, 21. Januar 2011

Dinge, die wir heute sagten von Judith Zander

Eine Frau stirbt, ihre Tochter kommt mit ihrer Familie aus England zur Beerdigung. Durch ihr Erscheinen in dem kleinen Dorf kommt ein Ereignis wieder ins Bewusstsein, das längst verdrängt wurde. Jeder hat damit zu tun und jeder hat eine Meinung dazu, was durch wechselnde Erzähler in wechselndem Sprachstil - auch Dialekt- dargestellt wird und erst langsam, gegen Ende des Buches,  erfährt man, was wirklich geschehen ist. Das Buch erinnert sehr an "Mutmassungen über Jakob" von Uwe Johnson: Es ist genauso mühsam zu lesen - aber ebenso grossartig!
Absolut empfehlenswert für Leser mit etwas Geduld!

Donnerstag, 20. Januar 2011

Tauben fliegen auf von Melinda Nadj Abonji

Ist die Geschichte der Ich-Erzählerin und ihrer Familie, welche aus der serbischen Vojvodina in die Schweiz zieht.
In - manchmal schnellem und verwirrendem Wechsel- wird erzählt: Zum einen von der naiv-glücklichen Zeit mit der Grossfamilie in der Vojvodina, zum anderen vom holprigen Versuch in der Schweiz eine neue Heimat zu finden und dem in Frage gestellten Funktionieren der auf sich geworfenen Kleinfamilie in der Schweiz.
Ausgezeichnet mit dem deutschen Buchpreis wird das Buch im Moment hochgelobt in der Schweiz, trotz des Spiegels, der den neuen Landsleuten vorgehalten wird.

Empfehlung: Nett zu lesen, vor allem für die, welche ebenfalls auf der Suche nach einer Heimat in der Schweiz sind.